Seit Sommer 2014 erhalten Frauen, die Kinder vor dem Jahr 1992 zur Welt gebracht haben, eine Mütterrente. Dies ist eine Rente, die als eine Art Erziehungsleistung gilt. Damit sollen Frauen, die wegen der Kindererziehung aus dem Berufsleben ausscheiden mussten, einen Ausgleich erhalten. Die Mütterrente hat jedoch einen Haken: Bisher werden Beamtinnen außen vorgelassen. Für sie gilt die Mütterrente bisher nicht. Klaus Dauderstädt, der Chef des Deutschen Beamtenbundes (dbb) betont unentwegt, dass eine Übertragung der Mütterrente auch auf Beamtinnen, die pensioniert sind, eine "Frage der Gerechtigkeit" ist.
Übertragung der Mütterrente wird geprüft
Die Frage der Übertragung der Mütterrente auf Beamtinnen im Bund, wird derzeit vom Bundesinnenministerium geprüft. Bei Beamtinnen der Länder sieht es ähnlich aus. Die Länder zögern bisher, eine Übertragung durchzusetzen, bis auf Bayern. Die Landesregierung hat bereits einen Gesetzentwurf für die Übertragung der Mütterrente auf ihre Beamten vorgelegt. Alle anderen Landesregierungen unterliegen den Sparzwang, sodass eine Übertragung der Mütterrente genau kalkuliert und abgewägt werden muss.
Eine Übertragung der Mütterrente wäre „gerecht“
Gemäß der Auffassung des früheren Vorsitzenden der Wirtschaftsexperten, Bert Rürup, sind die Länder quasi gezwungen, die Mütterrente auch auf ihre Landesbeamten zu übertragen: "Der Grundsatz bei allen Rentenreformen der vergangenen Jahre war immer, Leistungsrücknahmen in der gesetzlichen Rentenversicherung wirkungsgleich auf die Beamtenpensionen zu übertragen. Somit ist es logisch, dass man jetzt auch die Verbesserungen überträgt.", wie Rürup erklärte. Bevor die Mütterrente auf die Beamtinnen übertragen wird, sollen erst die Sparbeschlüsse der Rente übertragen werden, um so eine Gerechtigkeit herzustellen, wie der Wirtschaftsexperte mitteilte.
Jens Spahn, der Sozialexperte der Union, teilt die Meinung von Rürup. "Bevor die Mütterrente für Beamte überhaupt diskutiert wird, sollten wir erst mal endlich auch die Verschlechterungen, die es für die Rentner gab, auf die Beamten übertragen", wie er fordert. Damit meint er auch, dass vor allem der Nachhaltigkeitsfaktor, der für gesetzlich Versicherte seit dem Jahr 2005 eingeführt wurde, auch auf die Beamten übertragen werden soll.
Nachhaltigkeitsfaktor muss dann auch auf die Beamten übertragen werden
Der Nachhaltigkeitsfaktor, der umso stärker in seiner dämpfenden Wirkung ausfällt, wenn sich das Verhältnis von Erwerbstätigen zu Rentnern verschlechtert, soll insgesamt als Ziel den Anstieg der Rente bremsen. Das Rentenniveau wurde mit der Riester-Rentenreform stufenweise minimiert. Die entstandenen Lücken in der Versorgung sollen von den Versicherten selbst geschlossen werden. Dies bedeutet für alle Versicherten eine private zusätzliche Versorgung zur gesetzlichen Rente sicherzustellen, um im Alter darauf zurückgreifen zu können.
Für die Pensionen wurde der Nachhaltigkeitsfaktor bislang nicht übernommen. Ein Grund dafür ist die Regelung der Beamtenversorgung, die in ihrer komplizierten Weise eine Übertragung nicht einfach zulässt. Durch die Föderalismusreform im Jahr 2006 wurde den einzelnen Ländern die Zuständigkeit für die Pensionen zugeteilt. Im Laufe der Jahre hat sich die Höhe der Pension zwischen den einzelnen Bundesländern erheblich auseinanderentwickelt. Die Pensionen im Süden Deutschlands liegen im Durchschnitt höher als die Pensionen im Rest des Landes. Wie der Wirtschaftsexperte Rürup mitteilte, spiegeln sich die regionalen Unterschiede in der Besoldung auch später in den Pensionen wieder: "Die immer größeren regionalen Unterschiede bei den Beamtengehältern pflanzen sich in den Ruhegehältern fort".
Zudem wurden die Reformen nicht einheitlich in allen Bundesländern umgesetzt. So steigt auch für die Beamten die Altersgrenze in den Bundesländern schrittweise von 65 auf 67 Jahren. Eine Ausnahme bildet das Land Berlin, in dem die Staatsdiener weiterhin mit 65 Jahren in die Pension gehen. Dies bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass mit der Mütterrente ebenso nicht einheitlich verfahren wird. Bisher hat nur das Bundesland Bayern einen Gesetzentwurf für eine Übertragung der Mütterrente vorgelegt. Alle restlichen Bundesländer zögern noch bei der Frage, ob und in welchem Umfang die Mütterrente für die Beamtinnen übertragen werden soll.
„Bayern übernimmt eine Vorreiterrolle“ bei der Mütterrente
Wie Bayerns Finanzminister Markus Söder mitteilte, sind alle "Kinder [...] dem Staat gleich viel wert. Bayern übernimmt damit eine Vorreiterrolle gegenüber dem Bund und den anderen Ländern." Gegenüber der Rente mit 63 Jahren teilt Bayern jedoch die Ansicht mit den anderen Bundesländern. Staatsdiener mit 63 Jahren frühzeitig in die Pension gehen zu lassen, steht in Bayern ebenso wie bei allen anderen Bundesländern derzeit außer Frage. "Die systematischen Unterschiede zwischen dem Rentenrecht und dem Beamtenversorgungsrecht sprechen gegen eine Übertragung", wie das Innenministerium in Niedersachsen in Bezug auf eine frühzeitige Pension mit 63 Jahren für Beamte mitteilte.
Pension mit 63 Jahren nur für bestimmte Laufbahnen
Im Beamtenrecht bestehe zurzeit schon eine Regelung einer frühzeitigen abschlagsfreien Pension, die jedoch nur bei bestimmten Laufbahnen gilt. Früher in Pension gehen beispielsweise Beamte, die eine wesentlich höhere körperliche Beanspruchung haben. Für alle anderen Laufbahnen gilt diese Regelung jedoch nicht.
Beamtenpensionen belasten Länder schon jetzt sehr stark
Schon jetzt sind die Länder teilweise mit der Zahlung der Beamtenpensionen überfordert. Insgesamt müssen 1,9 Millionen Beamte aus den Etats der Länder finanziert werden. Zugleich wird ab dem 2020 die Schuldenbremse eingeführt werden, wobei dann die Länder gezwungen sind, keine Neuschulden anzuhäufen. Gemäß den Kalkulationen des Freiburger Finanzexperten Bernd Raffelhüschen muss der Staat derzeit 32,5 Milliarden Euro für die Pensionen der Beamten bereitstellen. In den nächsten Jahren wird sich die Summe auf 52 Milliarden Euro erhöhen.
Gesetzlich Versicherte fühlen sich gegenüber Beamten benachteiligt
Da die Pensionen in der Regel erheblich höher ausfallen als die der gesetzlich Versicherten, fühlen sich viele gesetzlich Versicherte gegenüber den Beamten benachteiligt. Nicht nur, dass die Pensionen im Durchschnitt höher über dem Niveau der Renten liegen, hinzu kommt auch, dass in den vergangenen Jahren die Altersbezüge der Beamten stärker gestiegen sind als die der Renten, wie die Statistik zeigt.
Jedoch muss an dieser Stelle bemerkt werden, dass die Versorgungssysteme beider Versichertengruppen stark auseinandergehen. Ein Vergleich ist kaum möglich. Die Höhe der Rente der gesetzlich Versicherten bemisst sich an den eingezahlten Beiträgen, die der Versicherte im Laufe seiner Beitragsjahre eingezahlt hat. Die Rente liegt dann zumeist deutlich unter dem Nettoeinkommen, welches der Rentner zuletzt erhalten hatte.
Bei den Beamten ist dies anders geregelt. Hier ist es so, dass sich die Höhe der Pension an der letzten Besoldung ausrichtet. Zudem liegt das Niveau der Versorgung mit ungefähr 70 Prozent höher als dem der Rentner. Als Begründung wird angeführt, dass der Staat den Beamten keine betriebliche Altersvorsorge gewährt wie es bei gesetzlich Versicherten der Fall ist. Die Pension, die die Beamten erhalten, stellt somit eine komplette alleinige Altersversorgung dar.
Mütterrente für Beamte wird von Sozialexperten abgelehnt
Da Beamte durch die Einzahlung in Fonds und durch die Alimentation eine scheinbar bessere Absicherung im Alter haben als gesetzlich Versicherte, lehnen viele Sozialexperten eine Übertragung der Mütterrente auf Pensionäre ab. Zudem wäre eine Übertragung der Mütterrente auf die Beamten wesentlich komplizierter zu handhaben, als es für Rentner der Fall ist, da die Leistungen bei der Erziehung bei Beamten anders berücksichtigt werden.
Erziehungsleistungen werden bei Beamten anders berücksichtigt
Eine Beamtin, die ein Kind vor dem Jahr 1992 geboren hat, erhält als Erziehungsleistung ein halbes Jahr Dienstzeit auf ihrem Pensionskonto gutgeschrieben. Dies führt dazu, dass Beamtinnen mit einer höheren Besoldung demnach auch eine höhere Leistung für die Kindererziehung erhalten. Sollte nun die Mütterrente auf die Beamten übertragen werden und demnach eine Verdoppelung der Leistung nach sich ziehen, so würden besser verdienende Beamtinnen gegenüber schlechter verdienenden Beamtinnen begünstigt werden.
Mütterrente kann bei Beamten nicht als Armutsvorsorge gelten
Sollte die Mütterrente nun doch für alle Beamten durchgesetzt werden, so würde dem Staat dieses Vorhaben etwa eine Milliarde Euro mehr pro Jahr kosten. Ob eine Mütterrente für Beamte aus finanzieller Sicht Sinn macht, wird sich letzten Endes zeigen. Denn anders als bei Rentnern erhalten Beamte schon jetzt eine Mindestversorgung, wenn ihre Pensionsansprüche zu gering sind. Gesetzlich Versicherte müssen im Gegensatz dazu selbst vorsorgen, um der Altersarmut entgegenzuwirken.
Quelle: welt.de